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Musikpionier Hans Neubacher | Altes Wissen

Hans Neubacher. Leidenschaftlicher Volksmusikant und musikalischer Wegbereiter aus dem Lungau.

"Des Lebens Sonnenschein ist musizieren und fröhlich sein!"

Leitsatz von Hans Neubacher
Volksmusikant, Musiklehrer und Instrumentenbauer

Als Volksmusikant, Musiklehrer und Instrumentenbauer ist der heute 84-Jährige weitum bekannt und wenn man etwas über Musik, Musikgeschichte oder Instrumente wissen will, fragt man am besten ihn. Hans Neubacher unterrichtete nicht nur hunderte Musikschüler, er gründete viele neue Volksmusikgruppen und Musikkapellen, wobei er auch als Kapellmeister agierte. In den verschiedenen Musikgruppen spielte er unzählige Instrumente. Egal ob Zither, Hackbrett, Gitarre, Harfe, Geige, Harmonika, Klarinette, Alphorn, Bassgeige oder Dudelsack: Hans Neubacher konnte sich mit jedem dieser Instrumente in den unterschiedlichen Besetzungen einbringen. Auch wenn der begabte Musikant heute nicht mehr auswärts spielt, so nimmt er täglich eines seiner Instrumente zur Hand, - am liebsten mit Harmonika und Harfe oder Zither und Hackbrett – und musiziert mit seiner Frau Marianne im Volksmusik-Duo.

„Die Harmonika mag ich so gern, da ich sie allein, aber auch in der Gruppe spielen kann", sagt er mit einem fröhlichen Lächeln.

Am Konservatorium allerdings war die steirische Harmonika früher tabu – sie galt als zu „bäuerlich". Das erklärte Studieninstrument war das Akkordeon. Aber die Zeiten haben sich geändert und im Laufe der Jahre wurde die diatonische Harmonika in den offiziellen Lehrplan aufgenommen.

Wer ist nun dieser Musikpionier und wie kam er zur Musik?

Geboren 1935 in St. Michael, wuchs Hans Neubacher als drittes von fünf Kindern in Tamsweg auf, zuerst am Ulnhof in Proding, dann in der Mursiedlung. Die Sommer verbrachte er als Halterbub auf der Neumayer-Alm in Schönfeld und auf der Holzeralm in Tweng. Nach der Pflichtschule absolvierte der junge Hans seine Lehrjahre und Gesellenprüfung bei der Firma Elektro Serro.

Obwohl Hans Neubacher bereits als 11-Jähriger zum Zither spielen begann, hat er die Musik als seine wahre Leidenschaft erst später entdeckt. In der Jugend war das Skifahren seine große Freude. Er fuhr sogar bei Rennen mit oder unternahm Skitouren mit seinen Freunden. Nach einem tragischen Lawinenunglück, das ihn 1953 im Mislitzgraben Richtung Karneralm ereilt hatte, erholte er sich nur langsam.

In dieser Zeit brachte ihm der pensionierte Lehrer und Schuldirektor Hans Noggler das Instrument Klarinette bei. Durch das Musizieren erhielt Hans Neubacher wieder neuen Lebensmut und spielte auch bald bei der Bürgermusikkapelle Tamsweg mit. Nach und nach trat er dann auch kleineren Tanzlmusik-Gruppen bei und half im ganzen Lungau bei Ensembles mit der Klarinette aus. Die Musik erhielt immer mehr Stellenwert in seinem Leben, und so leistete er den Präsenzdienst bei der Militärmusik Salzburg und Linz ab, wo er auch Saxophon spielte. In dieser Zeit bereitete sich der talentierte Musiker gleichzeitig auf die Matura vor, denn er hatte den Entschluss gefasst, studieren zu gehen. Nach bestandener Aufnahmeprüfung begann er sein Musikstudium in Graz mit Klarinette, Violine und Cello.

Ein Jahr später stieg Hans Neubacher auf das Studium in Salzburg um, da dort die Ausbildung zum Musiklehrer und der Aufbau einer Zweigstelle der Salzburger Volksmusik-Schule im Lungau Thema wurde. Was könnte es wohl Besseres geben, als im Heimatbezirk Musiklehrer zu werden?

Gesagt, getan. So belegte er das Seminar für Musiklehrer und die Instrumentalfächer Viola, Fagott und Klavier. Gleichzeitig unterrichtete er als Lehrer bei der Volksmusikschule einen Nachmittag Gitarre und Zither. Nebenbei erlernte er noch die Harfe und spielte aushilfsweise Zither bei einer Stub‘nmusi sowie Fagott im Studentenorchester und Cello in einem weiteren Orchester.

Nach dem erfolgreichen Studienabschluss begann Hans Neubacher, gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Horst Lassacher die Musikschule im Lungau aufzubauen. Am Anfang spielten sie in den Schulen vor, um Interesse zu wecken. Der Jung-Musiklehrer richtete den Unterricht auf Familienmusik, wie sie nach Tobi Reiser vorgegeben war, aus: mit Zither, Hackbrett, Gitarre, Harfe und/ oder Bassgeige. Varianten mit Geige, Klarinette, Blechbläsern und Akkordeon folgten bald und Tanzlmusik- und Familienmusik-Gruppen wurden im Lungau immer beliebter.

 

Doch damit nicht genug. Hans war ja bereits bei drei Musikkapellen tätig, und es kam noch eine weitere Aufgabe auf ihn zu:

Während des Studiums in Salzburg hatte er den Instrumentenbauer Heinrich Bandzauner kennengelernt, der mit Tobi Reiser das „Salzburger Hackbrett" entwickelt und gebaut hat. Hans half in der Werkstatt mit und erlangte wertvolle Erfahrung im Instrumentenbau. Als Heinrich Bandzauner verstarb, gab es keinen Nachfolger für die Werkstatt und ein paar Jahre später vermachte dessen Witwe den Nachlass an Hans Neubacher.

Der frischgebackene Musiklehrer wurde somit auch noch zum Instrumentenbauer und richtete sich in Tamsweg die Werkstatt ein.


Instrumentenbauer Hans Neubacher

Zuerst fertigte Hans Neubacher Türzithern und Hackbretter, dann kamen Volksharfen, Alphörner und Hirtenhörner dazu. Dank seines Geschicks erhielt er auch bald den Gewerbeschein im Instrumentenbau.Dabei hat er einfach angefangen, zu bauen, Literatur und Wissen gesammelt, interessante Informationen und Beiträge zusammengetragen. Eine Kollegin hat ihm sogar eine Harfe für den Nachbau geliehen und im Museum Carolino Augusteum erhielt er die Möglichkeit, nachzuforschen, Instrumente zu begutachten und abzumessen. Bei der Herstellung seiner Harfen hat Hans Neubacher fast alles selbst gefertigt, sogar die Mechanik aus Messing hat er selbst gestanzt. Er entwickelte die Instrumente immer weiter und brachte sie schließlich mit dem besonderen Klangholz Haselfichte zur Vollendung.

Drei Harfen aus drei Epochen: Vorne rechts eine Sappl Harfe (um 1910), sie diente als Vorbild für den Tiroler Harfenbauer Bradl. In der Mitte eine Bradl-Harfe (um 1930). Bradl und seine Weiterentwicklungen im Harfenbau dienen auch heute noch als Vorbild für viele Harfenbauer. Hinten links eine Neubacher Harfe (um 1970).

Über die Jahre entstanden in seiner Werkstatt zirka 3.000 Hackbretter, 40 Volksharfen und 30 Alphörner. Hans Neubacher fertigte außerdem Türzithern mit individuellen Motiven, hölzerne Glachter, Ur- und Naturhörner, Lungauer Bumbässe, Rührtrommeln und Chinesische Rasseln.

Viele andere Instrumente wurden von ihm repariert oder restauriert, für Sonderausstellungen hergerichtet oder haben einfach den Weg zu ihm gefunden, um einen ehrenwerten Platz zu erhalten.

Blick ins Musikzimmer mit zum Teil sehr seltenen Instrumenten.

Saitenspinnmaschine

Aber nicht nur besondere Instrumente befinden sich in Hans Neubachers Fundus, auch mit seltenen Apparaten kann der Instrumentenbauer aufwarten. Zu den interessantesten Geräten in seiner Werkstatt zählt eine Saitenspinnmaschine. Diese hat der gelernte Elektriker sogar von Tret-Antrieb auf Elektro-Antrieb umgebaut und sie funktioniert heute noch einwandfrei. Manchmal bekommt Hans Neubacher auch noch Anfragen für einzelne Saiten, die er geduldig spinnt.

Harmonika-Stimm-Tisch

Was man nicht oft zu sehen bekommt, ist wohl ein Harmonika-Stimm-Tisch. Auch so einen hat Hans in seiner Werkstatt stehen. Durch Treten eines Pedals strömt Luft in den Stimmstock und so kann er die einzelnen Metallzungen auf den richtigen Ton stimmen.

So besonders wie seine Instrumente und Geräte, so besonders ist auch der Mensch Hans Neubacher: Er ist ein talentierter Musikant, Universalgenie und musikalischer Wegbereiter. Gelassenheit und Bescheidenheit zeichnen ihn aus und er hat stets ein Lächeln im Gesicht.

Artikel: Hemma Santner-Moser

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