Das Gelände der Firma Iso Span in Ramingstein war – und ist jetzt wieder – ein einzigartiges Eldorado für sogenannte Gebäudebrüter. Damit werden Arten wie z.B. Mauersegler, Mehlschwalbe, Hausrotschwanz, Haussperling, Dohle, Turmfalke usw. aber auch so manche Fledermausart bezeichnet, die sich dem urbanen Lebensraum angepasst haben. In der Vergangenheit sind viele ihrer natürlichen bzw. ursprünglichen Brutplätze verloren gegangen, weshalb sie als Kulturfolger auf die „Kunstfelsen“ menschlicher Siedlungen angewiesen sind. Dort finden sie noch die Mauernischen, Litzen, Löcher und Spalten, die sie für ihr Überleben dringend brauchen. So werden manche Gebäude über Jahrzehnte hinweg traditionell als Brutplätze genutzt, nicht selten gleich in Form ganzer Kolonien. Leider werden diese Öffnungen im Zuge von Fassadensanierungen, Dachausbauten und immer häufiger bei der Anbringung von Photovoltaik-Anlagen oft unwissentlich verschlossen. Die Brutplätze sind damit nicht mehr zugänglich und schlimmstenfalls werden Eier oder Jungtiere sogar eingemauert.
Dank Werner Kommik, einem leidenschaftlichen und aufmerksamen Vogelkundler, sowie seinem Enkel Jan, der eine prämierte Arbeit über Mauerseglervorkommen im Lungau verfasst hat, konnte die Ramingsteiner Brutpopulation vor diesem Schicksal bewahrt werden: Sie bemerkten und meldeten die vergeblichen Anflugversuche der eleganten Vögel, nachdem PV-Module an einem Firmengebäude angebracht worden waren. Schnell wurde man sich bei einem Lokalaugenschein einig, dass mit Ersatznistkästen Abhilfe geschaffen werden kann, denn Mauersegler sind nicht nur typische Koloniebrüter, sondern haben auch eine ausgeprägte Brutplatztreue. Überhaupt ist diese Art, die durch die Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union sowie durch die Salzburger Tierartenschutzverordnung geschützt ist, ein wahrer Rekordhalter unter den Vögeln: lediglich von Mai bis August halten sich die pfeilschnellen Flugkünstler mit den sichelförmigen Flügeln, kurzem Schwanz und typisch schrillen Rufen in Österreich auf, den Rest des Jahres verbringen sie am Zug bzw. im Überwinterungsgebiet in Afrika südlich der Sahara. Viele Menschen verbinden mit dieser Geräuschkulisse den Hochsommer und empfinden ihre Anwesenheit als Bereicherung. Für manche mögen sie wie eine große Schwalbe wirken, doch sie stellen eine eigene Familie dar und sind bei genauerem Hinsehen mit ihren rasanten Flügen und Lautäußerungen unverwechselbar. Und sie sind wahrlich für den Flug geboren: eigentlich landet Apus apus, griechisch der „Fußlose“, so gut wie nie, denn alles – Ernährung, Paarung, Schlaf – wird in der Luft erledigt. Alles? Nun gut, fast alles. Denn für die Brut muss selbst der Mauersegler einmal landen. Und genau hier muss auf den besonderen Gast Rücksicht genommen werden! In Ramingstein wurden dazu schließlich 23 Spezial-Nistkästen von Martin Wieland eigens angefertigt und montiert. Und noch während der Arbeiten kam es prompt zu einem ersten Anflugversuch eines Mauerseglers! Das sind gute Aussichten, und so sollen die herrlichen Flugakrobaten hier nächstes Jahr wieder ihre Kreise ziehen und auch brüten können. Allen Beteiligten sei hiermit ausdrücklich für ihren Einsatz gedankt.
Photovoltaik und Gebäudebrüter müssen sich also nicht ausschließen, sogar im Gegenteil. Der geschilderte Fall soll als Positivbeispiel dienen und Schule machen – Nachahmung definitiv erwünscht!
Text: Clara Leutgeb (Schutzgebietsbetreuung Lungau)
Copyright Bilder: Jan Schmidt / Bild Nistkästen: Clara Leutgeb