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Polenta Koch | Altes Wissen

Romana Kocher zeigt die Zubereitung des Polenta Kochs.

 

Ein traditionelles Lungauer Gericht:

Das „Polenta Koch“ von Romana Kocher schmeckt seit Generationen

Bäuerin Romana Kocher vom Vögei-Hof in Wölting redet nicht lange um den heißen Brei herum. „Beim Polenta Koch geht es nicht ums Können, sondern ums Probieren“, erklärt die 60-Jährige und gießt die hofeigene Milch in eine alte Kupferpfanne. „Ich hab es auch schon mal mit einem Topf aus Gusseisen probiert, aber dann wird es einfach nicht so gut.“ Sobald die Milch kocht, gibt Romana eine Prise Salz dazu und lässt das Mehl- und Polentagemisch unter ständigem Rühren mit dem Schneebesen langsam einrieseln, damit keine Klumpen entstehen. „Ich mische auch immer eine Handvoll Gries bei, das habe ich von einer alten Bäuerin. Dadurch schmeckt das Koch sämiger und feiner.“

Die Bäuerin schielt dabei nicht auf Mengenangaben in einem Kochbuch, sondern kocht nach Gefühl: „Abwiegen? Ich wüsste gar nicht wieviel. Ich mache das einfach nach meinem eigenen Maß, nach Gefühl.“ Nachdem das Gemisch eingerührt ist, bleibt es etwa dreißig Minuten am Herd stehen, damit es auskocht. „Man riecht nach einiger Zeit die sogenannte ‚Brintschn‘, also das Angebrannte. Und dann weiß man, dass es fertig ist“, so Romana. Bevor das Polenta Koch serviert wird, lässt sie noch kleine Scheiben Butter darauf zerrinnen: „Fett ist Geschmacksträger. Es schmeckt einfach ganz anders als wenn man nur das ‚leere Koch‘ ohne Butter isst.“

Das Polenta Koch galt früher als „Arme-Leute-Essen. Wir haben früher meistens am Abend ein Koch gegessen und Schottsuppe dazu getrunken. Wenn man eine kräftige Arbeit verrichten musste, war das sehr sättigend. Gegessen wurde gemeinsam aus einer großen Pfanne und noch heute schmeckt das Polenta Koch der Familie Vögei. Auch unsere Kinder und auch Enkelkinder haben es einfach sehr gern.

...erinnert sich die leidenschaftliche Landwirtin, die auf einem Bauernhof in Reifling bei Tamsweg aufgewachsen ist

Zur Geschichte dieser traditionellen Kost nachgefragt, erklärt der Tamsweger Historiker Klaus Heitzmann: „Die Polenta stellte im Lungau lange Zeit das Hauptnahrungsmittel dar, vor allem in den 1940er und 1950er Jahren.“ Die Speise wurde allerdings nicht im Lungau selbst produziert, weil der Mais hier nicht gedieh, sondern musste importiert werden. Die Murauer Großgenossenschaft lieferte die Polenta in 80-Kilogramm-Jutesäcken mit Steyr-Lastwägen und über die Murtalbahn aus der Steiermark in den Lungau, erinnert sich Klaus Heitzmann an die Erzählungen seines Schwiegervaters Johann Weilharter. Die Murtalbahn ist, nach der Mariazellerbahn, die zweitlängste Schmalspurbahn Österreichs und verbindet seit 1874 Unzmarkt mit Mauterndorf.


 

Traditionelles Rezept für ein Lungauer Polenta Koch „zum Wiederentdecken“ (für 5 bis 6 Personen)

 

Zutaten

  • 2,5 bis 3 l Milch
  • 3 Handvoll Polenta
  • 3 Handvoll Mehl
  • 1 Handvoll Gries (optional, wer es gerne sämiger mag)
  • 1 Prise Salz

 

Zubereitung:

Die Milch in einer Pfanne, vorzugsweise einer Kupferpfanne, zum Kochen bringen. Salz dazugeben und dann das Mehl- und Polentagemisch langsam in die kochende Milch einrühren, damit keine Klumpen entstehen. Das Polenta Koch anschließend etwa eine halbe Stunde ziehen lassen. Zuletzt Butter in kleine Stückchen schneiden, darüber geben und servieren. Mahlzeit!

Kupferpfannen sind auf Bestellung in der Eisenwarenhandlung Hutegger in Tamsweg erhältlich. Gute Reinigung (Ausreiben) ist bei Kupfer wegen Grünspan wichtig.


 

Milchverband „Minimolk

An ihr Motto „Lernen durch tun“ hält sich Romana Kocher nicht nur in der Küche, sondern auch im Berufsleben. Vor mehr als zwanzig Jahren hat sich die Bäuerin mit drei anderen Bio-Betrieben aus der Region zu einem Milchverband zusammengeschlossen. Unter dem Namen „Minimolk“ vermarkten die Familien Kocher (vulgo Vögei) und Prodinger (vulgo Prodinger) gemeinsam mit dem „Ottinger“-Bauern David Gruber und dem „Fötschl“-Bauern Bernhard Santner ihre Milchprodukte.

Die Kleinmolkerei ist am Vögei-Hof in Wölting bei Tamsweg angesiedelt und wird von den anderen „Minimolk“-Bauern täglich mit Milch beliefert. Jährlich werden etwa 70.000 Kilogramm Rohmilch verarbeitet. Dabei kombinieren die vier Tamsweger Bio-Betriebe alte Prinzipien und Verfahren der Milchverarbeitung mit heutigen Anforderungen und Möglichkeiten. „In unserer Anfangszeit haben wir uns auf die Erzeugung von Schulmilch und Joghurt konzentriert“, erzählt Romana. Heute wird vor allem das Krankenhaus Tamsweg sowie weitere Betriebe der Region mit pasteurisierter Milch beliefert. „Die Nachfrage nach lokal produzierten Milchprodukten steigt. Früher war das kein Thema, jetzt ‚läuft es von selbst‘.“ „Minimolk“ beliefert mittlerweile auch verschiedene Lebensmittelketten im Lungau mit Joghurt. Besonders beliebt dabei ist das Dinkeljoghurt, das sich gut fürs Frühstücksmüsli eignet. Den Dinkel baut Familie Kocher selbst auf ihrem Betrieb an und was nicht ins Joghurt kommt wird als Brotgetreide verkauft.

Die Herstellung von Topfen ergab sich einige Jahre nach Gründung der „Minimolk“-Gemeinschaft, als Romana zufällig mit eine Ziegenfrischkäse-Produzenten ins Gespräch gekommen ist: „Einen eigenen Kurs haben wir aber nicht gemacht, unser Bekannter hat uns das übers Telefon erklärt und das hat super funktioniert.“

 


Der Milchverband „Minimolk“ verarbeitet Lungauer Milch zu Joghurt in diversen Sorten und Topfen.

 

Im Frühjahr wurde die „Minimolk“ mit dem Zertifikat „Echtes Salzburger Genuss-Handwerk“, dem neuen SalzburgerLand Herkunfts-Siegel, ausgezeichnet. „So können unsere Kunden sicher sein, dass unsere Zutaten aus dem Lungau kommen und auch hier verarbeitet werden“, erklärt Romana.

 

„Minimolk“ bewegt sich bewusst in der Tradition einer vielfältigen und schonenden Wirtschaftsweise. Wie Romana Kocher weiter erklärt, ist die Wertschöpfung bei der Direktvermarktung anders. Die Direktvermarktung sei zwar arbeitsintensiv, aber dadurch könne ein besserer Milchpreis erzielt werden und die Landwirte unterlägen auch nicht den Preisschwankungen. „Wenn man die Produkte selbst vermarkten kann, bleibt einem als Bauer einfach mehr. Wir haben zehn Milchkühe, normalerweise müsste man das im Nebenerwerb machen. Aber durch die „Minimolk“ und außerdem mit unseren Eachtling geht es sich gut aus.“

Text: Lisa Winter

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

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