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Lungauer Forstwirtschaft | Altes Wissen

Der Lungauer Wald -

Lebensgrundlage und bedeutender Wirtschaftsfaktor

 

Forstwirtschaft und holzverarbeitende Gewerbe sind prägend für alpine Regionen wie den Lungau. Das Holz wurde seit jeher als Bau- und Heizmaterial, Rohstoff für Arbeitsgeräte,  Werkzeuge, Zäune sowie als Viehstreu eingesetzt. In allen Lebensbereichen war Holz notwendig, der Zugang zu Wald und Weide ein Grundbedürfnis der ländlichen Bevölkerung.

Lungauer Forstwirtschaft:

Im Lungau werden rund 20.000 Hektar Wald forstwirtschaftlich genutzt. Die Hauptholzarten sind dabei Fichte (zirka zwei Drittel), Lärche (rund ein Drittel) und Zirbe (5 Prozent).

Geschichte der Lungauer Forstwirtschaft

Wald und Weide, die keinen festgeschriebenen Besitzer hatten (zumeist waren dies die Kirche oder adelige Grundeigentümer), wurden dem landesfürstlichen oder staatlichen Besitz zugeordnet. (Im 19. Jahrhundert war dies der sogenannte „k.k. Forstärar", nach dem 1. Weltkrieg, 1923, entwickelte sich daraus die Bundesforste.) Die bäuerliche Bevölkerung und Siedler erhielten das Recht für Holz- und Weidenutzung, woraus später die Einforstungsrechte entstanden, welche bis heute bestehen. In den "Waldordnungen"  wurden bereits im 16. Jahrhundert Servitutsrechte für den Holzbezug (Brenn-, Nutz-, Blochholz, Zaun- und Brunnenholz), für Streubezug und Weiderecht genau festgeschrieben. Diese Nutzungsrechte sind bis heute im Forstgesetz verankert.

Bevor aber die intensive forstwirtschaftliche Nutzung begann und Sägewerke sowie andere holzverarbeitenede Betriebe entstanden, war der Lungau im Bergbau aktiv. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts gab es daher großen Bedarf an Holz für den Stollenbau, die nötigen Arbeitsgeräte, zum Feuersetzen und Sprengen sowie zur Herstellung von Holzkohle für den Schmelzhüttenbetrieb. Das Fürstenhaus Schwarzenberg erwarb zwischen 1827 und 1838 noch aktive, sowie auch bereits ausgediente Berg- und Hüttenwerke von Kendlbruck über Ramingstein bis St. Andrä im Lungau. Diese Flächen waren mit ausgedehnten Holzbezugsrechten verbunden, durch welche die damals aktiven Eisenwerke in Turrach und St. Andrä mit Holz und Holzkohle versorgt werden konnten. Nach Versiegen des aktiven Bergbaus war zwar noch genug Holz für den Absatz vorhanden, aber in Bezug auf Import oder Export war der Lungau von der Außenwelt mehr oder weniger abgeschlossen. Lediglich Postkutschen oder Pferdefuhrwerke gelangten über das Murtal oder über den Tauernpass in den abgelegenen Gebirgsgau, der 1880 sogar als „ärmste“ Region im Land Salzburg bezeichnet wurde.

In den Jahren 1876 bis 1887 wurde die Mur flussaufwärts bis Madling reguliert, um den Holztransport mittels Flößen zu bewerkstelligen. Die Schwarzenberg´sche Forstverwaltung bediente sich bis zum Jahr 1906 zum Transport des Holzes über die Mur-Flößerei bis Unzmarkt, wo auf die k.k. Staatsbahn umgeschlagen werden konnte und das Holz somit bis Italien gelangte. Begehrt waren damals die sehr starken Lärchen, die für den Schiffsbau verwendet wurden und Schwellenholz. Durch die Fertigstellung der Murtalbahn von Unzmarkt nach Mauterndorf im Jahr 1894  gelang auch eine effektive Öffnung des gesamten Lungaus in Bezug auf Handel und Wirtschaft. Holz und Holzprodukte konnten nun preisgünstiger und in größeren Mengen hinaus geliefert werden und es entstanden mehrere Sägewerke und Holz-Betriebe entlang der Schmalspurbahn.

Im Jahr 1904 wurde sogar eine Papierfabrik in Ramingstein-Madling errichtet, in der täglich bis zu 20.000 Kilogramm Karton und Papier erzeugt wurden - darunter auch das damals (welt)bekannte „Hirschenpapier“, ein Packpapier mit Hirschenmuster, das bis nach China, Ägypten und in die Türkei vertrieben wurde. Heute befindet sich an diesem Standort die Firma „ISO-SPAN“, die auch Holz verarbeitet und Naturbaustoffe aus Holzspan-Beton herstellt.

Aber auch kleinere Betriebe entstanden im Lungau, in denen das Holz aus den Wäldern verarbeitet oder weitergehandelt wurde. Familie Santner in Unternberg zum Beispiel kaufte 1910 ein kleines Sägewerk, das vorher von einer Familie aus Friaul betrieben wurde. Die im Sägewerk verwendete Venezianersäge hatte nur ein Blatt und wurde mehrheitlich aus Holz gebaut, nur die mechanisch bewegten Teile waren aus Eisen oder Stahl gefertigt. Das Sägewerk lag direkt an der Mur und so konnte es damals mit Wasser betrieben werden. Eine Leistungserhöhung erfolgte durch die Gattersäge, wobei das erste Vollgatter 1922 installiert wurde. Der erste Elektromotor wurde 1934 in Betrieb genommen. Der Hauptmarkt des Holzhandels war Italien, wo man die Qualität des Lungauer Holzes sehr zu schätzen wusste. Aufgrund der Höhenlage und des kaum vorhandenen Windes ist dieses nämlich langsam, ruhig und feinfaserig gewachsen. Es wurde somit vorwiegend für Möbelbau, Fensterjalousien und Rahmen von Glashäusern eingesetzt. Der Betrieb spezialisierte sich zudem auf Fensterkantel sowie Fensterlamellen und entwickelte sogar eigene Einschnitt-Techniken zur Optimierung.

 


Der Lungauer Wald

Heute sieht die Waldnutzung im Lungau eine nachhaltige Bewirtschaftung mit Stammzahlreduktion und Mischungsregulierung vor. Ab 1990 erfolgte eine konsequente Umstellung auf naturnahe Waldwirtschaft mit Einzelstammnutzung (Entnahme einzelner Bäume aus dem Bestand), Zielstärkennutzung und Strukturdurchforstung. Durch regelmäßig durchforstete Wälder mit gemischtem Bestand und gemischten Altersklassen strebt die Forstwirtschaft gesunde Waldflächen an, die den Natureinflüssen wie Wind und Schnee sowie den neuen Anforderungen hinsichtlich Klimawandel und Schädlingsanfälligkeit besser standhalten können.

Die Lungauer Fichte

Dieses Holz eigenet sich vor allem für Möbel, da es feinfaserig und leicht zu bearbeiten ist. Fichtenholz findet außerdem Verwendung als Bau- und Konstruktionsholz, Verpackungsholz und Brennholz, ist Grundstoff verschiedener Holzwerkstoffe wie Mehrschicht-, OSB- und Spanplatten und dient zur Papier- und Zellstoffherstellung.

Die Lungauer Lärche

Diese besonders witterungsbeständige Holzart ist geeignet für den Wasserbau (Wasserleitungen, Brunnenrohre, Dämme), für gespaltene Lärchenschindeln für Dächer und Gebäudefassaden sowie für Bottiche. Forstwirtschaftlich gesehen ist die Lärche ein eher teures Holz aufgrund ihres langsamen Wachstums. Bei Aufforstungen wird mittlerweile ein Minimum von einem Drittel Lärchenanteil behördlich vorgeschrieben, da Lärchen Herzwurzler sind.

Lungauer Zirbe

Zirbenholz ist sehr vielseitig verwertbar und wird zunehmend für individuelle Möbel und Einrichtungsgegenstände eingesetzt. Besonders empfehlenswert ist Zirbenholz im Schlafzimmer, weil das ätherische Öl entspannend auf den menschlichen Organismus wirkt und sogar Motten abwehrt. Früher wurden Zirbenbretter bei der Fertigung von Wasserrädern verwendet, weil diese durch das Wasser weniger Abrieb erlitten als andere Hölzer. Da die Zirbe sehr langsam wächst und erst nach 150 bis 200 Jahren geerntet werden kann, ist sie allerdings für die Massenproduktion nicht geeignet. Versuche der Aufforstung zeigten keinen Erfolg, weil Zirbenbäume nicht gut wachsen, wenn sie zu eng gepflanzt werden.

Holzbringung einst und jetzt -  Wie Pferderückung auch heute noch effektiv eingesetzt wird.

Wenn einst bei Holzschlägerungen große Mengen an Holz geschlagen wurden, waren  zumindest vier Holzarbeiter nötig: Zwei Mann zogen mit der Zugsäge, einer hackte mit der Putzhacke die Äste ab und ein weiterer entrindete mit dem Schöpser den gefällten Baum. Da es vor 1950 noch keine Forstwege und Fahrzeuge gab, war der Weg zum Holzarbeitsplatz zu Fuß zu bewältigen und die Männer haben damals meist eine Woche in einfachen, selbst gebauten Hütten, den sogenannten „Holzknecht-Kramen“, übernachtet und sich selbst versorgt. Jeder besaß eine eigene Pfanne, in der er am offenen Feuer sein „Abbrenn-Muas“ zubereitete, am besten mit viel Schmalz. Immerhin war das Holzarbeiten eine kraftzehrende Arbeit.

Das Holz wurde nach dem Schlägern an Plätzen zusammengelegt, wo es dann mit Pferde- oder Ochsengespannen erreicht werden konnte. Selten gab es befahrbare Saumwege oder Karrenwege, daher geschah das Abholen (Holzstreifen) meist im Winter mit Schlittengespannen. Die Bauern, die Zugtiere hatten, halfen dabei oft als Lohnarbeiter aus. Ein Zugtier war viel wert, denn es war nicht jedes Pferd oder Rind zum Ziehen geeignet.

Ab den 1950er Jahren entstanden die ersten Güterwege, auf denen Fuhrwerke eingesetzt werden konnten, und von der Hauptstraße aus fuhren dann auch Holzlaster. Ab den späten 1950er-Jahren halfen die Bauern mit dem Traktor beim Holzziehen und -streifen. In den frühen 80er-Jahren wurde dann die erste Motorsäge eingesetzt. Diese hatte allerdings ein Gewicht von zirka 14 Kilogramm, man konnte damit einen Baum umschneiden, aber das Entasten geschah noch in Handarbeit. Erst nach und nach entwickelte man leichtere Modelle für spezielle Arbeitsschritte und schließlich wurde auch die Seilbahn eingesetzt.

„Holzstreifen mit Pferd“ (Foto von Herbert Brandstätter)

Herbert Brandstätter

Bergbauer Herbert Brandstätter arbeitete seit den 80er-Jahren zeitweise als Holzakkordant (unter anderem auch bei der Bundesforste) und ist mit sämtlichen Holzrücke-Geräten und Methoden der Holzbringung vertraut. Am meisten überzeugt ist er allerdings von der schonenden Arbeit mit den Pferden. Am Polz-Hof in Göriach aufgewachsen, hat er bereits mit 14 Jahren bei der Pferderückung mitgeholfen. Früher zogen die Pferde Holzschlitten von der Höhe bis ins Dorf, erinnert er sich. Seit es Güterwege gibt, werden die Holzstämme bis zum Weg hingestreift und das Holzauto (der Holzlaster) holt sie dort ab.

Mit zweieinhalb Jahren kann man das Pferd „einspannen“ und zum Ziehen anlernen, erklärt der Bergbauer. Dazu wird das Ross „angeschirrt“, das heißt Kummet und Brustgeschirr werden angelegt und das Zugscheit eingehängt. Auf dem Zugscheit sind spezielle Rückeketten mit Stöckelhaken, womit die Baumstämme durch Einschlagen fixiert werden können, angebracht. Herbert Brändstätter begann sein Pferd Laura schon als Fohlen abzurichten. Die Noriker-Stute ist seit nunmehr 20 Jahren ein geduldiges und braves Arbeitspferd. „Von Beginn an muss man ein gutes Vertrauen schaffen“, betont der Pferdeliebhaber, für den sein Zugtier nicht nur Arbeitskollege, sondern auch ein Freund ist. Stute Laura reagiert bereitwillig auf seine Kommandos und rückt sogar ohne Strick.

Arbeitspferd „Laura“, aufgeschirrt mit Kummet, Brustgeschirr und Zugscheit mit Stöckelketten (Blochstreif-Ketten) zum Befestigen der Baumstämme/ Bloche.

 

Der Vorteil bei der Holzbringung mit den Pferden ist, dass man sie im unwegsamen Gelände einsetzen kann, selbst wenn es keine Wege oder Rückegassen gibt. Pferde ziehen die Stämme durch das stehende Holz heraus und verursachen dabei keine Bodenschäden. Somit kann man mit ihnen etwa auch Quellschutzgebiete gut bearbeiten. Außerdem ist die Arbeit mit dem Pferd ruhiger als mit Traktor oder Seilbahn, und der Holzarbeiter kann auch ganz alleine arbeiten. Besonders effizient könne das Pferd bei der Durchforstung eingesetzt werden, wenn die Bäume eine Stärke von zehn bis fünfzig Zentimeter Durchmesser aufweisen, so der erfahrene Forstarbeiter.

Heute rückt der 64-Jährige mit seiner fleißigen Stute manchmal noch gerne Brennholz oder vertraut auf ihre Hilfe bei der Mist-Ausbringung. Das gutmütige Pferd zieht auch Schlitten und Gespanne, das nicht zuletzt auch zur großen Freude der Kinder und Enkelkinder.

Herbert Brandstätter mit seinem Rückepferd „Laura“.

Artikel: Hemma Santner-Moser

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