Eine faszinierende Welt unter Tage im ehemaligen Silberbergwerk Ramingstein
Unscheinbar, jedoch Glück verheißend, liegt neben der Zufahrtsstraße der Eingang zum Berghauptmann Hoffnungsstollen im Ramingsteiner Altenberg-Revier. Mit dem Leitspruch „Glück Auf" tauchen wir ein in die Welt der Bergknappen vor über 200 Jahren.
Der Gruß „Glück auf" entstand im 16. Jahrhundert und beschreibt die Hoffnung der Bergleute, es mögen sich „Erzgänge auftun", sowie der Wunsch, man möge nach seiner Schicht im Berg wieder gesund heraus kommen.
Das Silberbergwerk in Ramingstein
Wenn man den Stollen betritt, ist man gleich wie gefesselt. Man schaltet einen Gang herunter und setzt jeden Schritt bewusster. Spärlich erleuchtet durch Karbid- und Taschenlampen taucht man ein in eine finstere und ruhige Welt, wo man hin und wieder lediglich Wasser plätschern hört.
Ehrfürchtig und mit Bedacht bewegt man sich staunend durch die Gänge und Stollen, die die Bergknappen mit einfachen Werkzeugen und reiner Muskelkraft seit dem Beginn des Silberbergbaues im Jahr 1443 hier angelegt haben. Manch‘ Glitzern und Funkeln im Granatglimmerschiefer-Gestein erinnert vielleicht noch an die Schürfaktivitäten nach dem silberhaltigen Bleiglanz der vergangenen Jahrhunderte. Entweder durch Felsstürze oder durch die Vegetation an der Oberfläche konnten solche Erzvorkommen entdeckt werden und schließlich zum Schürfen und Abbauen veranlassen.
Ramingstein war einst (hinter Gastein und Rauris mit ihrem Goldabbau) eines der bedeutendsten Bergbaugebiete im Herzogtum Salzburg.
In 350 Jahren des aktiven Bergbaus wurden rund 21.000 Kilogramm Silber, durchschnittlich 60 Kilogramm Silber pro Jahr, gewonnen. Die besten Erträge gelangen im Jahr 1556 mit 334 Kilogramm und 1597 mit 628 Kilogramm Silber. In dieser Zeit waren laut Aufzeichnungen 154 Personen im Ramingsteiner Bergbau beschäftigt.
Berufsstand der Knappen
In Zeiten guter Wirtschaftslage war der Berufsstand der Knappen aufgrund der guten Verdienstmöglichkeiten und der sich daraus ergebenden Lebensverhältnisse ein sehr angesehener. Neben Lohn in Form von benötigten Naturalien wurde auch ein Teil bar ausbezahlt.
Im Jahr 1459 wurde die „Ramingsteiner Bergordnung" verfasst, die rechtliche und soziale Belange der Bergleute festlegte. Geregelt wurden darin die Verleihung, Ausmessung und Abgrenzung der Gruben, Vorschriften über Arbeitszeiten und Feiertage, Fron und Wechsel, die Gerichtshoheit des Berggerichts und die Verleihung des Wochenmarktes, der den Knappen und ihren Familien zur Versorgung mit Lebensmitteln und Gebrauchsgütern aller Art diente.
Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erschwerten technische und wirtschaftliche Schwierigkeiten den Bergbau im Altenberg-Revier und die montanistischen Tätigkeiten wurden 1813 endgültig eingestellt.
Stollenlehrpfad und Schaubergwerk Ramingstein
Die Lungauer Stollengruppe rund um Walter Hoffmann hat vor 30 Jahren begonnen, das noch relativ gut intakte Stollensystem des Altenberg-Reviers in Ramingstein zu einem Stollenlehrpfad auszubauen und als Schaubergwerk für Besucher zugänglich zu machen. Nach und nach legten die Gruppenmitglieder immer mehr Stollen frei, bauten eine Anfahrtsstube und errichteten Erzwege mit Themenschwerpunkten für die touristische Nutzung. Mit interessanten Führungen und Erzählungen geben die Bergbauforscher einen authentischen Einblick in den harten Arbeitsalltag der ehemaligen Bergleute.
Der Weg durch den Stollen führt heute wie damals über die „Gestänge". Das sind zwei Holzplanken, die mit ein paar Zentimeter Abstand zueinander parallel verlegt sind und sowohl als Gehweg als auch als Lauffläche für den Förderwagen, den „Spurnagelhunt", dienten. Der "Spurnagel" ist ein mittig angebrachten Zapfen am Wagen zur Führung der Räder.
Bild: Ein Spurnagelhunt (Förderwagen) auf dem „Gestänge".
Vorbei an Wasserseigen (Entwässerungsrinnen), Abwurfschächten und Steigbäumen (Baumstämme mit Einkerbungen zum Auf- und Absteigen) erreicht man schließlich die „Große Zeche" und die Knappenstube. Die „Große Zeche" ist ein Bereich unter Tage, wo durch den Abbau ein relativ großer Hohlraum entstanden ist.
Auf dem Weg durch die Stollen kommt man an mächtigen Versatzmauern vorbei, die aus taubem Gestein (Steinbrocken ohne nutzbare Mineralien) aufgeschlichtet (versetzt) wurden, um die abgebauten Erzlager vor „Verbruch“ (Einsturz) zu sichern. Man findet auch noch Teile alter Werkzeuge und Hilfsmittel der Bergarbeiter. Hier lässt sich erahnen, wie hart der Knappenalltag unter Tage war, vor allem wegen der ständigen Feuchtigkeit und schlechten Beleuchtung.
Bild: Versatzmauer und durch die Witterung zerfressene Teile der Knappenwerkzeuge und Hilfsmittel unter Tage.
Lange Zeit dienten den Bergarbeitern lediglich Kienspäne aus harzigem Holz (Zirbe oder Lärche) als spärliche Lichtquelle. Dann gaben „Unschlitt-Funseln", eine Art Öllampe mit brennbarem Fett aus Rindertalg, ein besseres Licht ab. Diese entwickelten aber viel Rauch und schlechten Geruch. Erst später wurden Wachskerzen und Laternen eingesetzt – ein erheblicher Fortschritt.
Ab dem Jahr 1900 benützten Grubenarbeiter Karbidlampen, zu dieser Zeit war der Ramingsteiner Silberbergbau allerdings nicht mehr aktiv.
Heute verwenden Bergwerksführer und Stollenkundler gerne die Karbidlampe, da ihr Licht sehr natürlich wirkt, sie relativ leicht zu bedienen und wenig fehleranfällig ist.
Bild: Bergwerksführerin Christina Hoffmann auf dem Weg über das Gestänge ins Innere des Berges. Ausgerüstet ist sie mit festem Schuhwerk, moderner Bergmannsjacke sowie Schutzhelm mit intergrierter Stirnlampe und Karbidlampe.
Vom Licht zu wenig, vom Wasser zu viel...
Wasser ist im Berg reichlich vorhanden, immerzu plätschert oder tropft es irgendwo. Die Knappen bauten Wasserseigen, Gerinne zum Ableiten des Wassers am Boden, und trugen zu ihrem eigenen Schutz vor Nässe und Verletzungen das sogenannte „Arschleder". Am Kopf schützten sie sich mit kapuzenartigen Hauben, „Gugl" genannt, die einen verlängerten Kragen im Nacken zum Abrinnen des Tropfwassers hatten.
Was früher für die Bergknappen mühevolles Beiwerk war, ist heute eine Art Wohlfühl-Klima. Der Stein isoliert so gut, wodurch im Sommer wie im Winter unter Tage konstant eine Temperatur von 8 Grad Celsius herrscht. Die Luft im Berg ist rein und klar, und mit einer Luftfeuchtigkeit von 90 bis 95 Prozent empfindet man jeden Luftzug als Wohltat für die Lunge. Nach ein paar Minuten im Berg hat man bereits das Gefühl, freier atmen zu können. (Vorsicht allerdings bei Asthma! Im Holz, das im Stollensystem verbaut ist, sind durch die Feuchtigkeit immer gewisse Pilzsporen vorhanden.)
Unter Tage gibt es auch keine Reizüberflutung. Man kann loslassen und abschalten. Apropos abschalten: Handyempfang gibt es unter Tage natürlich auch nicht!
Die bergwerkskundige Christina Hoffmann hat sich zu diesem Zweck etwas Besonderes einfallen lassen: Bei speziellen Führungen bietet sie eine Art „Auszeit im Berg" an. Bei ihrem Rundgang durch das Silberbergwerk gelangt sie dazu mit den Besuchern in einen Raum mitten im Fels, der mit Liegen ausgestattet ist. Entspannungsmusik und eine geführte Fantasiereise animieren die Teilnehmer, jegliche Gedanken schweifen zu lassen, und so innere Ruhe zu finden und neue Kraft zu tanken.
Unter Tage bekommt man auch irgendwie das Gefühl, die Zeit wäre stehen geblieben...
Gestärkt und voll bepackt mit faszinierenden Eindrücken geht es wieder zurück in die Welt über Tage. „Glück Auf!“
Unter Tage bekommt man auch irgendwie das Gefühl, die Zeit wäre stehen geblieben... Gestärkt und voll bepackt mit faszinierenden Eindrücken geht es wieder zurück in die Welt über Tage. „Glück Auf!“
Bild: Heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute, im Bergwerk Ramingstein
Artikel: Hemma Santner-Moser
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Mit der Veränderung von Wirtschaft, Arbeitswelten und Technologien geht „altes Wissen“ bzw. Erfahrungswissen verloren. Die ältere Generation verfügt noch über dieses Wissen, das in Verbindung mit neuen Technologien und Designs aber durchaus Potential für künftige Entwicklungen bietet. Für den Biosphärenpark Lungau als Modellregion für nachhaltige Entwicklung ist die Erhaltung, Sicherung und Dokumentation von altem regionalem Wissen eine wichtige Aufgabe, um so die nachhaltige Entwicklung der Region voranzubringen.